Liebe Occupiers der Straßen, der Städte, in Köln, weltweit.

Am letzten Samstag (22.10) waren wir auf der Occupy Cologne Demo. Der folgenden Flyer wurde dort verteilt und bei der Abschlusskundgebung vorgelesen. Der Flyer beinhaltet solidarische Grüße an die Occupy Bewegung und fasst kurz zusammen wie die momentane Situation des AZ ist.
Liebe Occupiers der Straßen, der Städte, in Köln, weltweit.
Wir, Menschen aus dem Autonomen Zentrum Köln, möchten unsere Wut mit Euch teilen. Wir finden es toll das sich unglaublich viele Menschen die Strassen der Städte nehmen und zum Teil grundlegend die jetzigen gesellschaftlichen und kapitalistischen Verhältnisse in Frage stellen und beginnen nach eigenen Antworten und anderen Ansätzen für eine freie Gesellschaft zu suchen. Wir sind auch auf der Suche, von der wir Euch in folgendem Text kurz erzählen möchten.

Was haben wir satt?

Wir haben es satt in einer Stadt leben zu müssen, in der alles nur Kommerz ist, in der wir nur existieren können wenn wir profitabel sind, in der wir für unsere Recht auf Wohnen und gesellschaftliche Teilhabe bezahlen müssen. Wir haben es satt in einer Stadt zu leben, in der Menschen, die nicht ins Bild und Konzept der Mehrheit passen oder deren Normen und Regeln ablehnen, unterdrückt und diskriminiert werden. Die Stadt ist für alle da, jede_r in selbstbestimmter Unterschiedlichkeit und Autonomie, die wir direkt und miteinander aushandeln.

Warum besetzten?

Deshalb haben wir im April 2010 eine leer stehende Kantine in Köln Kalk besetzt und dort das AZ Köln gegründet. Unser Gebäude gehört zufälligerweise der Sparkasse, die es mehr als zehn Jahre hat leer stehen lassen und so haben wir uns genommen was sonst verrottet wäre, was nur als eins von vielen weiteren Spekulationsobjekten nutzlos in der Gegend rum stand. Wir haben besetzt um einen Raum zu schaffen, der von vielen unterschiedlichen Menschen gestaltet wird, lokal in unserer Stadt, in dem wir versuchen eine andere Ideen des Miteinander zu verwirklichen, in dem wir lernen selbstbestimmt zu leben und andere zu respektieren. Das AZ ist ein Raum in dem wir experimentieren können, eine Raum der nicht verwertbar ist, in dem unkommerzielle Kunst und Kultur und autonome Politik möglich ist. Es ist ein Schutzraum.

Was ist seitdem passiert?

In anderthalb Jahren ist das AZ ein Ort geworden, der selbstbestimmt funktioniert, den viele Menschen gestalten und an dem die, die wir satt haben, keine Macht über andere ausüben können: Politiker und deren Anhang, Bullen, Macker, Rassisten und alle, die nicht verstehen das Nein Nein bedeutet, die die Grenzen anderer mit Füßen treten. Wir haben wahnsinnig viel Neues gelernt, über uns, über unsere Träume, und viel Altes über Bord geworfen. In anderthalb Jahren haben wir zwei Räumungsversuche verhindert, haben momentan einen unbefristeten Nutzungsvertrag und beabsichtigen zu bleiben.

Erneute Räumungsandrohung

Die politischen Verantwortlichen der Stadt Köln und der Bezirksvertertung Kalk, eine Allianz aus CDU, SPD und Pro Köln, angeführt von Kalks Bezirksbürgermeister Markus Thiele, streben nun erneut eine Räumung des AZ an. Das Gebäude wird gegen Ende des Jahres in den Besitz der Stadt Köln übergehen, die nicht vorhat unseren Nutzungsvertrag zu übernehmen. Ihr Argument ist ein dilettantischer Bebauungsplan für Kalk Süd. Anstelle des AZ entsprang ein Grünstreifen mit Parkplatz den rauchenden Köpfen der Stadtverwaltung, zur Verbesserung der Lebensqualität der umliegenden Bewohner_innen, wie es hieß. Die Konsequenz wäre der Abriss der Kantine. Eine pseudo-demokratische Bürgerversammlung im Dezember soll diesen Abriss schließlich als Wunsch der Bürger_innen legitimieren. Der Abriss steht deshalb jetzt schon fest, da nur der Bebauungsplan ohne AZ zur „Diskussion“ gestellt wird. Schenken wir uns diese Farce in der wir teilnehmen sollen um über 3 oder 5 Bäume im Park zu diskutieren.

Wir warten nicht länger!

Gesellschaftliche Teilhabe bedeutet, dass wir direkt und miteinander diskutieren und nicht von Parteien oder Lobbyisten repräsentiert werden, dass wir nicht darauf warten von Politiker_innen zur „Diskussion“ eingeladen zu werden. Wir warten nicht darauf, dass die Politik oder andere Organisationen die Situation für uns richtet, dass es in einem auf Ausbeutung beruhenden Markt irgendeine Art von sinnvoller Arbeit geben kann. Wir wissen selber gut genug wie wir leben möchten, wie unsere Stadt aussehen soll. Deshalb haben wir angefangen eigene Wege zu gehen.

Vielen dank fürs lesen. Solidarische Grüße von einigen Menschen aus dem
Autonomen Zentrum Köln Kalk (Wiersbergstr. 44)

Der Text als PDF

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.