Köln, den 19.07.2019
Das Autonome Zentrum Köln dokumentiert die Pressemitteilung der Aktionsgruppe
Aktivist*innen öffnen Kultur- und Sozialraum in leerstehendem Gebäude.
Heute Abend haben Unterstützer*innen von Kölner Wagenplätzen, Assata im Hof, des Autonomen Zentrums Köln (AZ), der Frauen der 1006, der Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim (SSM) und anderer emanzipatorischer Projekte für Wohn- und Freiräume ein seit Jahren ungenutztes Haus in Köln-Ehrenfeld in der Vogelsanger Straße 230 besetzt. Noch am Abend finden Konzerte und eine Party statt. Auch für die kommende Tage ist dort ein vielfältiges Programm mit Vorträgen, Workshops und anderem geplant.
„Wir haben uns zusammengeschlossen, um gemeinsam gegen die
verfehlte Stadtentwicklung aufzubegehren. Die neoliberale Verwertungspolitik
der Stadt Köln entspricht nicht den Bedürfnissen ihrer Bewohner*innen, sondern
priorisiert wirtschaftliche Interessen. Bezahlbarer Wohnraum wird zugunsten von
Luxussanierungen oder Büroflächen aufgegeben und selbstorganisierte (Freiraum-)
Projekte sollen an den Stadtrand verdrängt oder geschlossen werden, um
Investitionsmöglichkeiten zu schaffen. Wir wehren uns gemeinsam gegen diesen
Ausverkauf der Stadt.“, so die Aktivistin Petra Silie.
Immer mehr Menschen können sich die stark ansteigenden
Mieten in Köln nicht mehr leisten und werden an den Stadtrand verdrängt. Die
Zahl wohnungsloser Menschen, vor allem Frauen, steigt. Währenddessen stehen
unzählige Büroflächen leer und tausende Wohnungen werden als Ferienunterkünfte
zweckentfremdet. Profitorientierte Immobilienkonzerne treiben die Mieten weiter
in die Höhe. Der städtische Raum wird zum Mittel für Gewinnmaximierung. Dies
trifft nicht nur den städtischen Wohnraum, sondern auch unkommerzielle und
soziale Projekte, die eine Stadt lebenswert machen.
„Angesichts dessen, wie die Stadt Köln mit diesen
Problemfeldern umgeht und so selbst dazu beiträgt, die Gentrifizierung
voranzutreiben, erwarten wir von ihr nichts mehr. Wir nehmen die Dinge wieder
einmal selbst in die Hand.“, so Petra Silie weiter. „Wir kämpfen für
bezahlbaren Wohnraum und öffentliche Freiräume für unkommerzielle Kultur und
Selbstorganisierung! Von beidem brauchen wir mehr, nicht weniger!“
Viele selbstorganisierte, emanzipatorische Projekte in Köln,
wie z.B. die Bauwagenplätze, das AZ oder Assata im Hof, sind akut von
Verdrängung bedroht.
Die Stadt plant das Gelände von Kölns ältestem Bauwagenplatz
„Wem gehört die Welt“, der seit 30 Jahren Wohn- und Kulturfläche für derzeit
ca. 35 Bewohner*innen und zahlreiche Besucher*innen bietet, zu verkaufen. Doch
die Bewohner*innen hegen keinerlei Umzugspläne!
Der seit 16 Jahren bestehende Bauwagenplatz Osterinsel ist
durch Bauvorhaben der Stadt Köln und Großinvestor Pandion in seiner Existenz
bedroht. Kaum 1m entfernt von bewohnten Bauwägen soll eine alte Aspesthalle
abgerissen und Luxuswohnungen hochgezogen werden. Es ist ungeklärt, ob eine
Baustellenzufahrt über das Gelände der Osterinsel führen soll und damit
Bewohner*innen verdrängen würde. Darüber hinaus plant die Stadt einen öffentlichen
Radweg auf der Osterinsel.
Das AZ soll im Rahmen des Prestige-Projekts Parkstadt-Süd
der Grüngürtel-Erweiterung weichen. Die Stadt Köln weigert sich trotz
zahlreicher Vorschläge, eine Integration des AZ in den Grüngürtel in Erwägung
zu ziehen. Dass es sich bei Parkstadt Süd in erster Linie nicht um ein
Naherholungsgebiet für Anwohner*innen, sondern um den Bau eines riesigen
Betonkomplexes mit 4500 Büros und 3500 teuren Wohnungen geht, von denen nur ein
Bruchteil dem sozialen Wohnungsbau zuzurechnen ist, wird hierbei verschwiegen. Einen adäquaten
Alternativstandort für das AZ gibt es bisher nicht.
Dem Selbsthilfeprojekt Kat18 e.V., in dem seit über 30
Jahren Menschen wohnen und arbeiten, wurde von der LEG Immobilien AG der
Vertrag gekündigt. Dies betrifft unter anderem den feministischen Raum „Assata
im Hof“, der seit 2015 von Frauen, Lesben, Non-binary, Trans*- und
Interpersonen (FLINT) für vielfältige politische Aktivitäten genutzt wird. Auch
hier gibt es bisher keine Lösung.
„Gerade in Zeiten der krisenhaften Entwicklungen in Bezug auf Wohnungsnot, Klimawandel oder den gesellschaftlichen Rechtsruck brauchen wir Freiräume der politischen Partizipation, an denen gesellschaftliche Alternativen entwickelt und erprobt werden können. Aus diesem Grund haben wir den Raum hier in der Vogelsanger Straße 230 einer allgemeinen Nutzung zurückgeführt. Wir laden euch alle ein, vorbeizukommen und euch einzubringen!“
Die Stadt sind wir alle – wir wehren uns gemeinsam!
Pressemitteilung, 19,07,19