Eigentlich war unsere Idee mit dem AZ Geburtstag einen Neustart im alten Haus mit Blick auf die derzeitigen Verhandlungen mit der Stadt über einen neuen Standort in Kalk und einen neuen Anfang einzuleiten. Und wir wollten feiern, dass das AZ Köln 14 Jahre nach der Besetzung in Kalk weiterhin besteht und einer neuen Zukunft entgegenblickt.
Wir haben uns jedoch dazu entschieden, den AZ-Geburtstag nicht zu feiern und ihn auf bisher unbestimmte Zeit zu verschieben.
Dazu bewogen haben uns derzeit bestehende und noch nicht aufgearbeitete Konflikte im und ums AZ.
Das AZ bekommt seit längerer Zeit, – seit mehreren Jahren um genauer zu sein – und in den letzten Wochen vermehrt, die Rückmeldung, dass große Missstände bei der Auseinandersetzung und Aufarbeitung mit Rassismus in den eigenen Strukturen bestehen.
Wir beschäftigen uns aktuell damit, wie im AZ mit Rassismus, der in unseren Strukturen genauso wie in der Gesamtgesellschaft stattfindet, umgegangen werden kann. Wir wissen, dass es unmöglich ist einen diskriminierungsfreien Raum zu schaffen, wissen aber auch, dass wir zu lange versäumt haben, einen sichereren Ort für von Rassimus, Antisemitismus und anderen Diskriminierungsformen Betroffenen zu schaffen.
Hiermit hängen Fragen von Macht- und Dominanzverhältnissen in den AZ internen Strukturen ebenso zusammen wie Diskurse um den Nahostkonflikt und gesamtgesellschaftliche Entwicklungen. Auch wenn es in der Vergangenheit Versuche gab, Prozesse für eine Auseinandersetzung mit Rassismus loszutreten, sind diese ins Leere gelaufen. Das AZ ist Antworten auf berechtigte Fragen und auf Kritik schuldig geblieben, was zusätzliche Risse und Verletzungen verursacht hat. Es ist allerhöchste Zeit diesen Prozess wieder aufzunehmen.
Auch in Hinblick auf die Angriffe auf Israel und den Krieg in Gaza müssen wir einen Umgang mit Kritik am AZ und einzelnen Strukturen finden. Es geht hierbei darum, wie unterschiedliche Positionen in der Vergangenheit eingenommen und verteidigt wurden, wie Diskussionen in Social Media und Chatgruppen geführt werden, und welche Meinungen besonders sichtbar sind.
Das AZ ist kein einheitlicher Ort, es muss Raum dafür geben, dass unterschiedliche Gruppen und Einzelpersonen unterschiedliche Positonen vertreten, und wir müssen einen Weg finden, wie eine Koexistenz funktionieren kann und Ausschlüsse auf Grund von abweichenden Meinungen vermieden werden können. Das AZ ist ein Ort, an dem wir uns aktiv verhalten und in Verantwortung setzen müssen, um Prozesse der Veränderung in Gang zu setzen und voranzutreiben. Nur weil das AZ „links“ ist heißt das lange nicht, dass der Ort frei von Diskriminierungen oder von sich aus ein „sicherer Ort“ für alle ist. Es braucht genau wie im Versuch eine gerechtere Welt auf zu bauen auch im AZ das aktive Einsetzen und Streiten für emanzipatotische Veränderungen.
Den Ausschlag für die Absage des AZ Geburtstag haben unterschiedliche Berichte von Personen gegeben, die auf Grund von abweichenden Meinungen massive Auseinandersetzungen erfahren haben und das AZ nicht mehr als sicheren Ort wahrnehmen können. Hierunter sowohl BIPoC Personen, als auch jüdische Menschen. Aktuell versuchen wir Vorfälle zu sammeln und herauszufinden, was genau passiert ist. Da wir diese Stimmen ernst nehmen wollen bemühen wir uns um eine Auseinandersetzung, in der Antisemitismus und Rassismus nicht gegeneinander ausgespielt werden.
Für uns gehört der Umgang mit diesen Konflikten sowie eine Reflektion der Dynamiken und Strukturen im AZ dazu, um einen echten Neustart zu beginnen.
Dafür würden wir uns eine breite Beteiligung und Austausch mit den Menschen wünschen, die sich im AZ bewegen und bewegt haben, mit den Menschen, die das AZ wegen der Untätigkeit in Bezug auf die genannten Dynamiken verlassen haben und es inzwischen meiden, sowie mit Menschen die Interesse an einem AZ in Köln haben, aber bisher keinen Einstieg gefunden haben oder sich nicht sicher sind ob sie willkommen sind.
Wir sehen, dass dieser Prozess schon viel früher hätte beginnen müssen. Wir sehen, dass das Ignorieren dessen viel zu lange im AZ stattgefunden hat und dass dadurch Vertrauensbrüche entstanden, die nicht einfach so wieder gut zu machen sind.
Bitte meldet Euch bei uns, wenn ihr Euch an diesem Prozess beteiligen wollt oder uns eure Erfahrungen, Kritik oder Wünsche dazu mitteilen wollt. Auch Vorschläge zum Prozess, zu Themen und zu eigentlich allem, schreibt uns gerne.
Wir haben dazu eine Mailadresse eingerichtet, da dies keine Dinge sind, die über Kommentarfunktionen ernsthaft addressiert werden können:
dialog-orga[at]riseup.net