Liebe Besetzer_innen des KHD Gebäudes in Köln-Mülheim,
eigentlich haben wir in diesen Tagen mit dem Eintreffen der Kündigung des Nutzungsvertrags für die von uns besetzte ehemalige KHD-Kantine gerechnet. Dass uns statt dessen die Nachricht von eurer Besetzung erreicht, macht uns um so glücklicher!
Wir freuen uns über euren Schritt und euren Mut. Wir finden es toll, dass ihr ein leerstehendes Gebäude mit Leben füllt und einen Versuch unternehmt in Mitten des tristen und perspektivlosen Daseins einen eigenen hoffnungsvollen Weg zu gehen, einen Wohn- und Lebensraum für ein neues kollektives und selbstbestimmtes Zusammenleben zu schaffen und das gemeinsame Überleben im kapitalistischen Alltag – und darüber hinaus – zu organisieren.
Die Wohnsituation in Köln hat sich in den letzten Jahren extrem verschlechtert. Bezahlbare Wohnungen gibt es kaum, ausreichend Platz für das gemeinsame, solidarische Zusammenleben mehrerer Personen sucht Mensch hier vergebens. Statt dessen schreitet die Verdrängung der Menschen immer mehr voran, die die steigenden Mieten nicht zahlen können oder nicht in das Wunschbild der Städteplaner – und Immobilienbesitzer_innen passen.
Die Verantwortlichen der Stadt Köln konzentrieren sich in ihren krampfhaften Versuchen des Standortmarketings, der Imagekampagnen und Masterplänen, durch die phantasie- und leblosen und allesamt gescheiterten Versuche abwechselnd Kulturhauptstadt, Internethauptstadt, sicherste Stadt oder Kreativenmetropole zu werden, auf wenige Besserverdienende und angebliche Leistungsträger_innen, während sie die Menschen, die hier leben, zunehmend aus dem Blick verlieren.
Öffentliche Plätze werden kommerzialisiert und privatisiert, Obdachlose, Junkies, Arme und Erwerbslose werden vertrieben und zudem zum Umzug in immer randständigere Gegenden gezwungen. Selbst Studierende finden keine Wohnungen mehr, die sie sich leisten können. Junge Menschen, die einen eigenen ständigen Weg bestreiten wollen, haben keine Chance.
Natürliche Frei- und Grünflächen werden zugebaut und verplant und dabei spielen die Bedürfnisse der Menschen keine Rolle. Der Godorfer Hafen wird trotz eindeutigem Bürgerentscheid erweitert, der Protest für den Erhalt des Kalkbergs ignoriert. Statt dessen soll ausgerechnet mit einem Grünstreifen als Argument ein selbstbestimmter, unkommerzieller Veranstaltungsort, wie das Autonome Zentrum „weggeplant“ werden.
Es sind diese Verhältnisse und es ist diese Politik, die Menschen dazu bringt Widerstand zu leisten und sie zwingt sich selber zu helfen.
Diesen Versuch haben wir mit dem Autonomen Zentrum unternommen, in dem wir über unsere Grenzen hinausgegangen sind und einige Funken des Möglichen aufgefangen haben. Und wir haben noch viel vor.
Und diesen Versuch unternehmt auch ihr. Wir wünschen Euch dafür viel Energie für den Stress der nächsten Zeit und die Kraft in dem von Euch besetzten Haus an der Umsetzung eurer Ideen zu arbeiten. Unserer Unterstützung könnt ihr dabei gewiß sein.
Wir freuen uns auf ein Jahr mit weiteren Besetzungen in Köln und anderswo, mit bestehenden und neuen selbstorganisierten Räumen, und – wenn es sein muss – dem Kampf dafür.
Squat Mülheim, Squat Kalk, Squat the hearts of the cities
Alles liebe an Euch aus dem AZ