Die Inkonsequenz, mit der das Ziel „Nachhaltigkeit“ seitens der Stadt Köln verfolgt wird, akzeptieren wir nicht auf Kosten sozialer Strukturen und dem Interesse der Stadtgesellschaft an einem Autonomen Zentrum.
sagt Uli Rothfuß in einer öffentlichen Stellungnahme des Autonomen Zentrums Köln.
Werden bestehende Gebäude abgerissen, wird eine Realisierung aufgegeben, die bereits schon einmal durch den Einsatz von Energie, Rohstoffen und finanziellen Mitteln errichtet worden ist. Ein Abriss bedeuten weitere umweltbelastende Ressourcen aufwenden zu müssen. Mit Nachhaltigkeit hat dies rein gar nichts zu tun. Das Autonome Zentrum Köln fordert daher, beim Vorhaben für „Parkstadt Süd“ eine zukunftsfähige Nutzung mit sparsamem Mitteleinsatz zu bedenken und nach der Maßgabe umfassender Nachhaltigkeit vorzugehen:
Die Stadt stellt den Begriff der Nachhaltigkeit als rein ökologische Angelegenheit dar. Das Autonome Zentrum Köln weist darauf hin, dass der Abriss von Bausubstanz umweltschädlich ist und auch ein paar gepflanzte Birken und etwas Rollrasen noch lange kein Gütesiegel für echte Nachhaltigkeit sind,
sagt Uli Rothfuß vom AZ.
Die Stadt Köln geht in ihrer Planung zu „Parkstadt Süd“ von einem eindimensionalen und von daher verkürzten Nachhaltigkeitsbegriff aus. Er dient als Label zur besserren Vermarktung am Immobilienmarkt. Von tiefer Überzeugung in echte Nachhaltigkeit ist die Planung der Stadt Köln nicht geprägt:
Eine Verschwendung gesellschaftlicher Ressourcen ist es, gewachsene Strukturen und soziale Verbindungen, die zahlreiche Menschen unter Einsatz von Zeit und persönlicher Energie aufgebaut haben, auseinander zu reißen. An sozialer Nachhaltigkeit scheinen die Verantwortlichen der „Parkstadt Süd“ kein vorrangiges Interesse zu haben. Unsere Erfahrung nach Analyse vieler Gentrifizierungsprojekte ist, dass soziale Netze zwischen den Menschen bereitwillig geopfert werden und von den Planungsteams als Last empfunden werden, wenn sie den eigenen marktwirtschaftlichen Zielen, Interessen oder Aufträgen im Wege stehen.
Nachhaltigkeit als umfassendes Konzept zeichnet sich durch ein Gleichgewicht der drei Pole der ökologischen, der sozialen und der ökonomischen Nachhaltigkeit aus. Sie wird nicht automatisch dadurch erreicht, dass energiesparende Neubauten am Fließband produziert und in die Landschaft gestellt werden, während woanders hingegen die Landschaft durch Abrisse „schön grün“ gemacht werden soll. Im Gegenteil: Vorhandene Gebäude, die in der Struktur der Stadt und der Gesellschaft fest verankert sind, zu erhalten gilt in der modernen Stadtplanung als zentraler Beitrag für ökologische und soziale Nachhaltigkeit.
„Nachhaltigkeit“ ist im Projekt „Parkstadt Süd“ bloß ein verkaufsförderndes Siegel: Parkhäuser wie das des Justizzentrums sollen erhalten bleiben, an vielen Stellen sind große Parkplatzflächen für Autos geplant und mit der geplanten Neubausiedlung „Marktstadt“ löst sich der Traum vom Grün endgültig auf. Ein ökologischer und nachhaltiger Umbau der Stadt dient als ökologisches Feigenblatt, um das Interesse von Investor_innen und dem Immobilienmarkt an einem hochpreisigen Neubaugebiet zu verdecken. In Wirklichkeit umfasst die Fläche aus Rollrasen und zum Teil hochallergenen Pflanzen eine Neubausiedlung aus Beton, Stahl und Glas, die ihrerseits – nach den Vorstellungen der Stadt und der Projektverantwortlichen – tief in das Herzstück der Parkanlage hineinragt – samt großzügigen Parkplatzflächen und Parkhäusern.
Vermeintliche ökologische Beweggründe und die Rede des „neuen grünen Freiraums“[1] als eine Art Öko-Label werden hier gegen unwillkommene gesellschaftliche Interessen und soziale Strukturen in Stellung gebracht. Mit echter ökologischer Nachhaltigkeit und sozialer Ausgeglichenheit hat dies freilich nichts zu tun.
Losgelöst vom tatsächlichen Bedarf der Bevölkerung und ihren Sehnsüchten nach Grün- und Freiräumen sind die Vorstellungen der Stadtoberen auch interessengeleitet nach Maßgabe eines städtischen Neubaugebietes.
Der Grünraum-Traum ist glattgebügelt und durchdesignt wie der quadratische Weiher an der Aachener Straße, geeignet für schicke Imageprospekte im nordkoreanischen Comic-Stil,
so Uli Rothfuß vom Autonomen Zentrum.
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Anmerkung [1]: Gesetzlich verankert ist der Begriff „Freiraum“ nicht, d.h. er ist nicht als rein ökologischer Raum zu definieren. „Aktuelle Planungspraxis ist, dass Belange der Freiraumplanung im Rahmen der Bauleitplanung oder der Fachplanungen zu den Politikbereichen sowie Naturschutz, Verkehr usw. berücksichtigt werden: http://nibis.ni.schule.de/~nachsied/umaterialien/freiraum/naherung.htm