Mehr als 3 Jahre AZ in der Wiersbergstraße in Köln-Kalk gehen zu Ende, jetzt stehen die Umzugswagen vor der Tür. Das AZ steht nach den aufreibenden letzten Monaten vor dem Beginn einer Reise, weg aus Kalk, rüber auf die andere Rheinseite, mit einem neuen Nutzungsvertrag.
Vor dem Haus riesige Container, drinnen Menschen, die alles, was noch brauchbar ist, abbauen und einpacken. Andere gehen ihrem Bedürfnis nach Zerstörung nach, wieder andere wollen das Gebäude nicht mehr betreten und und sahen die Notwendiglkeit sich aus dem AZ rauszuziehen. Viele melancholische Gesichter sind zu sehen. Egal wie viele Umzugskartons in die Container geladen werden – jeder Raum bleibt bis unter die Decke gefüllt mit Erinnerungen.
Hier haben tausende unterschiedliche Menschen zusammengefunden – haben gemeinsam gelacht, geweint, diskutiert, gefeiert, sich vernetzt, sind im Streit auseinandergegangen, sind ausgebrannt oder haben Feuer gefangen und haben sich auf das Experiment AZ eingelassen. Viele emanzipatorische Schritte sind gemacht worden, auch wenn es immer wieder Rückschläge gab.
Zwischenzeitlich waren mehrere hundert Menschen in mehr als 50 Gruppen an der Gestaltung des AZ aktiv beteiligt. Ständig kamen neue Menschen hinzu, andere hingegen schlugen neue Wege außerhalb des AZ ein. Für diese Vielzahl von Menschen, die das AZ nutzten und auf ihre Weise gestalteten, war neben der Verteidigung des Hauses eine der größten Herausforderungen die Zusammenarbeit einer Vielzahl von Meinungen, Ansichten und Bedürfnissen auf einer riesigen Spielwiese, die manchmal problemlos nebeneinander Platz fanden, sich manchmal aber auch krass entgegen standen. Das AZ war seit Beginn ein Ort der verdichteten Unterschiedlichkeiten, die uns immer wieder herausforderten und kontinuierlicher Veränderung bedurften.
Das Haus ist nun leer – 3 1/2 Jahre AZ in der Wiersbergstraße sind zu Ende gegangen.
Die beiden Ersatzgebäude am Eifelwall 7 und an der Luxemburgerstraße 168 (ein Gebäude, das 1999 schon einmal zu diesem Zweck besetzt worden war), in die das AZ nun nacheinander einziehen wird, wurden der Stadt in den letzten Wochen abgerungen. Der Druck, der gegen die Gesprächsverweigerung der SPD aufgebaut wurde, hat seine Wirkung gezeigt:
Ob die Gather + Resist Woche, militante Aktionen für das AZ in Köln und anderen Städten, der Offene Brief, der eine überwältigend positive Debatte zum Erhalt des AZ in der Wiersbergstraße ausgelöst hat, sowie die mediale Debatte, die selbstbestimmte Zentren als Notwendigkeit und Gegenpol in der durchkommerzialisierten Stadt in den Fokus rückte: die SPD musste ihre Verweigerungshaltung aufgeben und auf das AZ zugehen, um mit uns die eigentlichen Gespräche über das Fortbestehen des AZ zu beginnen.
Eine polizeiliche Räumnung wäre auch für Stadt und SPD mit einem hohen politischen und materiellen Preis bezahlt worden. Dazu ist es nun nicht gekommen. Das Plenum des AZ hat sich für das einzige Angebot der Stadtverwaltung entschieden, was zugleich Erfolg und Niederlage bedeutet. Letzten Endes wurde sich für einen „sicheren“ Ort und gegen den Kampf um das Haus in der Wiersbergstraße , eine Alternative in Kalk oder eine neue Besetzung entschieden. Leider wurde es dabei nicht immer geschafft, eigene Ziele einzuhalten: ein angemessenes Räumungsmoratorium durchsetzen, grundlegende Gespräche mit der Stadt öffentlich führen, oder unsere Sicht auf die Gewalt-Debatte nach Aussen tragen.
Diese Entscheidung ist getroffen worden – zu Ende diskutiert ist sie jedoch noch lange nicht – eine kollektive Stimme aller im AZ Aktiven, die diese Entscheidung trägt, gibt es nicht.
Wir befinden uns in einem turbulenten und kraftraubenden Zustand und sind uns der Unmöglichkeit bewusst, in diesem Text alle Eindrücke und Meinungen zum Umzug und dem Weg bis hierhin wiedergeben zu können. Wir können in diesem Kommunique nur einige Strömungen dokumentieren, in dem Bewusstsein andere Stimmen vernachlässigt zu haben und so eine verkürzte Bewertung abzugeben. Deshalb bedarf es noch anderer Formen, in denen alle Eindrücke und Analysen ihren Raum finden. Dies ist unsere kollektive Aufgabe, die abseits von Kommuniqué und AZ Neubeginn stattfinden soll.
Am Ende noch einen riesigen Dank an alle Menschen, die uns in den letzten Jahren unterstützt haben, die mitdiskutiert, zugehört, kritisiert, mit angepackt haben und solidarisch waren. Eine neue Ära des AZs beginnt und wir hoffen, ihr seid in Zukunft auch weiter am Start!
Mit dem Abriss kann – wie an der Fassade stand – „das Haus vernichtet werden, aber nicht die Kraft, die es schuf!“.